Müllsammler des ZBH trotzen Hitze und blockierter Straße

6.15 Uhr zeigt die Uhr, 18,5 Grad das Thermometer an diesem Morgen, am Zentralen Betriebshof der Stadt Marl (ZBH) herrscht bereits reger Betrieb – Kolonnen und Teams werden für den Tag von Einsatzleiter Jürgen Leopold eingeteilt. 15 Minuten später geht es auch schon los: Die Mitarbeitenden starten mit ihren Müllfahrzeugen, um Papier und Restmüll genauso abzuholen wie Bioabfall – ein mitunter Knochenjob.

Über die Brassertstraße geht es zügig in Richtung Lippe, vorbei an Metro, Ruhrmann Logistik und den Hartsteinwerken. Drei Kollegen sind an diesem Morgen mit auf Wagen 8095. Das ist die Standardbesetzung. Doch wegen diverser Krankheitsfälle ist es nicht die Stammbesetzung, springt das Trio auf dieser Tour diesmal ein. Uwe Dreßel sitzt in der Regel auf einem anderen Fahrzeug am Steuer, während Jerome Stachowiak von der Sperrmüllabfuhr an diesem Freitag zum Biomüll wechselte und Timo Mildes nach seinem Arbeitsplatzwechsel von der Firma Alba zum städtischen ZBH als Springer fungiert.

Start in der Bauernschaft Lippe

Die erste Tonne wartet schließlich in der Straße Am Kanal vor Hausnummer 260. Ein Kinderspiel für Jerome Stachowiak. Eingehängt, Leerungsknopf gedrückt, und 120 Liter rutschen in die Drehtrommel. Diese sorgt übrigens dafür, dass das Material via Rotation nicht am Heck liegen bleibt, sondern nach vorne transportiert wird.

Roller rast an Lkw vorbei

Die Bauernschaft Lippe ist recht schnell abgefahren. Nicht überall müssen die drei Männer ran. In den kommenden Stunden sollen aber noch einige Herausforderungen warten. Der ersten muss sich Timo Mildes nur wenige Minuten später in der Hebbelstraße stellen. Ein Rollerfahrer flitzt mit ungedrosselter Geschwindigkeit zwischen Lkw und Timo Mildes durch, während er einen Biobehälter vom Bürgersteig in Richtung Fahrzeug ziehen will. Das hätte auch schiefgehen können.

Schwere Tonnen

Mittlerweile ist die 20-Grad-Marke überschritten, die Sonne aber noch hinter einer Wolkenschicht verdeckt. „Gestern war es schon brutal. Die Hitze und Schwüle waren kaum auszuhalten“, erinnert sich Uwe Dreßel an den wohl bisher heißesten Tag des Jahres. Seit 40 Jahren ist er für die Stadt im Einsatz, anfangs als Sammler, nach einigen Jahren und frisch erworbenen Lkw-Führerschein vorne hinterm Lenkrad. Davor hatte er bereits im Chemiepark eine Ausbildung abgeschlossen. Doch auch für ihn heißt es an diesem Freitag immer wieder aussteigen und mit anpacken, wenn an einigen Ecken schon mal 20 bis zum Rand gefüllte und damit richtig schwere Tonnen auf die Leerung warten.

Geparkte Autos bereiten Probleme

Fahrerisches Geschick ist im Hans-Sachs-Weg gefragt. Hier wird so eng geparkt, dass dem ZBH-Laster nichts anderes übrigbleibt, als über den Bürgersteig zu fahren – nur Zentimeter am Zaun eines bebauten Grundstücks entlang. Diese Manöver nerven genauso wie komplett zugeparkte Straßen, die ein Durchkommen gar nicht möglich machen. Das gleiche Problem herrscht beinahe regelmäßig in Spielstraßen mit einem Wendehammer am Ende einer Sackgasse, wenn dort verbotswidrig Autos parken. Bei den Anwohnern ist anschließend der Ärger groß, wenn die Mülltonnen stehen geblieben sind. „Letztlich versuchen wir natürlich, die Leerung zu einem anderen Zeitpunkt nachzuholen“, sagt ZBH-Chef Michael Lauche. Doch sei dies nicht immer möglich. 

Vollservice gegen Extragebühr

Erinnern einige Tourenabschnitte an wahre Akkordarbeit – Tonnen holen, einklemmen, leeren, zurückstellen – wirkt das Ganze an Orten mit Vollservice deutlich entspannter. Gegen eine Extragebühr werden die Behälter vom Grundstück zum Lkw gebracht, manchmal sogar, nachdem ein Tor zunächst aufgeschlossen werden musste. „Auch wenn die Arbeit körperlich anstrengend ist, macht sie Spaß. Schließlich haben wir während unserer Arbeitszeit direkt unser Workout“, erzählt der gelernte Maler und Lackierer Jerome Stachowiak mit einem Augenzwinkern.

1000 Müllbehälter pro Tag

Etwa 1000 Kübel holen die drei ZBH-Mitarbeiter an diesem Tag ab. Diese finden natürlich nicht allesamt Platz in dem riesigen Trommelbehälter. Gegen 10 Uhr geht es erstmalig mit voller Ladung nach Herten-Westerholt zur EGW Umladestation für Bioabfälle an der Heidestraße. Den Moment nutzt das Trio auch für eine kurze Pause. Es gibt Brote und einen Schluck Wasser, das aus einer kleinen (übrigens auf jedem Fahrzeug angebrachten) Kühlbox gezaubert wird. Gegen 15.30 Uhr ist es schließlich vollbracht – Schichtende. Ein Blick auf die Smartwatch zeigt Timo Mildes, dass er auch an diesem Tag wieder rund 15.000 Schritte absolviert hat.

Info:

  • Die Stadt Marl fungiert als Kommune im Kreis Recklinghausen, lediglich als Abfallsammler. Verwertet wird dieser von der unteren Abfallbehörde, also dem Kreis Recklinghausen.
  • Ob Rest-, Sperr- oder Papiermüll – alle Arten werden zunächst gesammelt und zu einem Umladeplatz gebracht. „Das spart Zeit und Geld, weil wir nicht die weiten Wege zum Verwerter, wie zum Beispiel das RZR in Herten-Süd, absolvieren müssen“, erklärt Michael Lauche.
  • Ein Abfallsammelfahrzeug (umgangssprachlich Müllwagen) kostet mit aktueller Technik bis zu 400.000 Euro. Pro Abfuhrtag sind in der Regel drei Fahrzeuge für Restmüll, zwei für Bioabfälle, zwei für Papier, ein Kleinfahrzeug (um in schmale Gassen zu gelangen) und ein Reparaturwagen im Einsatz. Außerdem wird fünfmal in der Woche Sperrmüll abgeholt, genauso wie fünfmal eine E-Geräte-Abholung stattfindet.
  • Durchschnittlich kommen im Marl pro Monat etwa 1700 Tonnen Restmüll zusammen.
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Enge, von Autos zugestellte Straßen sind keine Seltenheit. Fotos: Stadt Marl / Pressestelle

Jerome Stachowiak bedient die ausgeklügelte Technik, um die Tonne komplett zu leeren.

Früh am Morgen geht es am Betriebshof los, nachdem Jürgen Leopold (2. v. l.) die Teams eingeteilt hat.

Bis zu 20 Behälter stehen nicht selten an einem Sammelplatz - da packen alle mit an.

Biotonnen in Reih und Glied...