Haushalt 2026: Defizit sinkt – strukturelle Probleme bleiben

Die Stadt Marl hat ihren Haushaltsentwurf für 2026 heute dem Rat vorgelegt – mit einem besseren Ergebnis als noch vor einem Jahr erwartet. Das geplante Minus liegt bei 70 Mio. Euro und damit 18 Mio. Euro unter der früheren Prognose. Bürgermeister Thomas Terhorst sprach von einem „kleinen Schritt nach vorn“, sieht jedoch weiterhin eine „hoch angespannte finanzielle Lage“.

Vorläufige Haushaltsführung

Der Haushaltsentwurf für 2026 sieht Erträge von 339 Mio. Euro und Aufwendungen von 417 Mio. Euro vor. Unter Berücksichtigung des globalen Minderaufwands in Höhe von 8 Mio. Euro wird die Stadt Marl das Haushaltsjahr mit einem Fehlbetrag von 70 Mio. Euro abschließen. „In Summe bleibt es dabei, dass wir uns in der dauerhaft vorläufigen Haushaltsführung befinden“, erklärte Kämmerer Daniel Greb. Einerseits wird die Stadt auch künftig den Aufgaben nachkommen, zu denen sie rechtlich verpflichtet ist. Andererseits muss sie für die notwendigen Aufgaben die Aufwendungen leisten, die unaufschiebbar sind.

Einnahmen aus der Gewerbesteuer weiter rückläufig

Terhorst betonte in seiner Haushaltsrede, dass die Verbesserungen im Haushalt vor allem auf Einsparungen bei Sach- und Dienstleistungen, geringeren ordentlichen Aufwendungen sowie niedrigeren Zinsausgaben beruhen. Die tatsächlichen Zinssätze seien günstiger ausgefallen als zunächst kalkuliert. Für die Jahre 2027 bis 2029 stellt die Kämmerei zudem weitere 29 Mio. Euro Einsparungen in Aussicht. Gleichzeitig bleibt die Einnahmesituation schwierig. Die Gewerbesteuer, traditionell einer der wichtigsten Haushaltsbausteine, wird für 2026 lediglich mit 37,1 Mio. Euro veranschlagt. Kämmerer Greb: „Das liegt mit 50 bis 60 Mio. Euro deutlich unter den Ergebnissen der Vorjahre.“ Grund hierfür ist die anhaltende Chemiekrise und die bundesweit schwächelnde Industrieproduktion.

Mehrkosten bei Hilfen zur Erziehung

Eine weitere Hürde: Auf der Ausgabenseite schlagen die Hilfen zur Erziehung mit einem Mehrbedarf von zuletzt 6,5 Millionen Euro zu Buche. Der deutliche Anstieg ist bundesweit zu erkennen. Eine Entwicklung, die nicht nur finanzpolitisch für Aufmerksamkeit sorgt. „Niemand möchte bei Kindern und Jugendlichen, die auf Unterstützung angewiesen sind, sparen – das steht für mich völlig außer Frage“, betonte Bürgermeister Terhorst. „Aber wir müssen uns ehrlich fragen, ob die eingesetzten Mittel auch die gewünschte Wirkung erzielen. Immer mehr Geld auszugeben, heißt nicht automatisch, bessere Ergebnisse zu erreichen.“ Die Stadt hat einen externen Gutachter beauftragt, der strukturelle Möglichkeiten zur Verbesserung aufzeigen soll; auch zusätzlicher Personaleinsatz ist vorgesehen. 

Altschuldenlösung und Sondervermögen

Die Mehrausgaben für die Hilfen zur Erziehung und die geringeren Steuereinnahmen konnten durch Umschichtungen im Haushalt ausgeglichen werden. „Einen gewissen Puffer erhalten wir durch Maßnahmen des Landes“, erklärte Kämmerer Greb. So soll durch die geplante Altschuldenlösung rund 25 Millionen Euro städtischer Liquiditätskredite auf das Land NRW übertragen werden. Außerdem stehen aus dem NRW-Sondervermögen 38,2 Millionen Euro zu Verfügung – verteilt über zwölf Jahre, aber sofort abrufbar. „Beide Hilfsprogramme sind zwar hilfreich, ändern aber nichts an der grundsätzlichen Problemlage“, stellte Bürgermeister Terhorst klar.

Hebesätze: Rechtliche Grundlage abwarten

Keine Änderungen gibt es bei den Hebesätzen, die Werte bleiben im Haushaltsentwurf unberührt. Zwar hatte die Verwaltung im vergangenen Jahr gesplittete Hebesätze für die Grundsteuer B vorbereitet, doch nach einem aktuellen Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen, das entsprechende Modelle in mehreren Ruhrgebietsstädten für rechtswidrig erklärte, sieht sich Marl derzeit außerstande, eine Splittung einzuführen. „Wir halten grundsätzlich am Ziel fest, gesplittete Hebesätze einzuführen, wollen dafür aber eine belastbare rechtliche Grundlage abwarten“, so Kämmerer Greb.

Elternbeiträge für Kita und OGS

Trotz finanzieller Engpässe sieht die Stadt erheblichen Investitionsbedarf, insbesondere beim Abbau des hohen Sanierungsstaus und bei der weiteren Umsetzung des Schulentwicklungsplans. Für die vielen anstehenden Großprojekte – wie etwa die Sanierung der Heinrich-Kielhorn-Schule – sei zusätzlicher Personalbedarf unvermeidlich, betont die Verwaltung. Weitere Stellen müssten geschaffen werden, um handlungsfähig zu bleiben. Bürgermeister Terhorst wies zugleich Forderungen zurück, die Elternbeiträge für Kita und OGS abzuschaffen: „Dies wäre zu Zeiten nach dem Stärkungspakt ‚Stadtfinanzen‘ möglich gewesen. Damals wurden meine Bemühungen hierzu von der Mehrheitsfraktion abgelehnt. Dass diese Fraktionen nun eine Abschaffung in einer Zeit fordert, in der die Stadt Marl sich in der Haushaltssicherung befindet, ist nicht nur populistisch, sondern würde einen rechtswidrigen Ratsbeschluss provozieren.“ In der derzeitigen Haushaltslage dürfe die Stadt nicht freiwillig auf Entgelte verzichten. Ein entsprechender Antrag wurde mehrheitlich in die Haushaltsplanberatungen verwiesen.

Hoffnung auf ein breites politisches Bündnis

Unter dem Strich steht die Stadt weiterhin vor großen finanziellen Herausforderungen. Bürgermeister Terhorst sagte, eine vollständige Konsolidierung des Haushalts sei derzeit nicht möglich: „Solange sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht verbessern, werden Defizite bestehen bleiben“, erklärte er im Rat. Gleichzeitig bekräftigte er den Anspruch, „verantwortungsvoll zu wirtschaften und Marl finanziell stabiler aufzustellen“. Mit Blick auf die bevorstehenden Haushaltsberatungen äußerte Terhorst die Hoffnung auf ein breites politisches Bündnis. Der Haushaltsentwurf wird nun in den Ausschüssen beraten. Eine Verabschiedung ist für Anfang Februar vorgesehen. 

Alle Infos online

Detaillierte Informationen zum Haushalt finden Interessierte in digitaler Form im Bürger- und Ratsinformationssystem online unter marl.more-rubin1.de im Menüpunkt „Haushaltspläne“. Die Ratsunterlagen sind über den Menüpunkt „Kalender“ (2. Sitzung des Rates) einsehbar.

 

 

 

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Bürgermeister Thomas Terhorst (re.) und Kämmerer Daniel Greb stellten den Haushaltsentwurf 2026 jetzt im Rat und in einem Pressegespräch mit der Marler Zeitung vor. Foto: Stadt Marl / Pressestelle