Im Rahmen des Besuchs führte Claas Frein, Leiter des Amtes für Gebäudemanagement, die Gäste über die Rathaus-Baustelle in der Stadtmitte. Dabei erläuterte er die Besonderheiten der Sanierung und die Herausforderungen beim Erhalt der denkmalgeschützten Struktur. Die Architektinnen und Architekten von Broekbakema zeigten sich beeindruckt vom Engagement der Stadt Marl für den behutsamen Umgang mit ihrem architektonischen Erbe.
Beispiel für moderne Verwaltungskultur
„Es ist ein besonderes Erlebnis, nach so vielen Jahren an den Ort zurückzukehren, an dem unsere Vorgänger ein solch visionäres Gebäude geschaffen haben,“ sagte Marieke Grimbergen, Projektarchitektin bei Broekbakema. „Das Rathaus Marl war und ist ein mutiges Beispiel für moderne Verwaltungskultur – offen, transparent und verbunden mit den Marler Bürgerinnen und Bürger. Wir freuen uns sehr, dass die Stadt dieses Erbe mit einem klaren Blick in die Zukunft erneuert.“
Ein Gebäude für die Zukunft
Ein Blick in die Vergangenheit: Nach dem Zweiten Weltkrieg stand Marl im Zeichen eines mutigen Neuanfangs. Neben dem Wohnungsbau rückte bald auch die Planung eines neuen, modernen Verwaltungsgebäudes in den Mittelpunkt. Die Bevölkerung wuchs rasant – von 60.000 Einwohnern im Jahr 1950 auf über 90.000 im Jahr 1958. Das Ziel: Ein Rathaus, das den Ansprüchen einer wachsenden Stadt gerecht wird und zugleich den Geist des Aufbruchs verkörpert.
1958 wurde ein beschränkter Architektenwettbewerb ausgelobt. Unter den Teilnehmern befanden sich namhafte Architekten wie Hans Scharoun (Berlin), Arne Jacobsen (Dänemark) und Alvar Aalto (Finnland). Den ersten Preis erhielten jedoch die Niederländer J.H. van den Broek und J.B. Bakema aus Rotterdam. Ihr Entwurf überzeugte durch Modernität, Offenheit und ein neuartiges Konzept städtischer Verwaltung.
Architektonisches Kunstwerk entsteht
1960 erfolgte die Grundsteinlegung, 1967 wurde das Rathaus feierlich eröffnet. Die Bevölkerung zeigte sich damals begeistert von dem neuen Zentrum der Stadt – ein Symbol für Fortschritt und Gemeinschaft. Besonders die Innenarchitektur, geprägt durch edle Materialien wie dunklen Marmor, afrikanisches Holz und handgefertigte Mosaike, galt als herausragend. Das Rathaus wurde nicht nur zum Verwaltungsgebäude, sondern auch zum Ort der Begegnung: In den großzügigen Sälen fanden Feste, Empfänge und kulturelle Veranstaltungen statt – ein Ort, der Menschen zusammenführte und das neue Marl repräsentierte.
Sanierung und Zukunft
Das Rathaus Marl gilt heute als architektonisch bedeutendes Ensemble der Nachkriegsmoderne und steht seit 2015 unter Denkmalschutz. Nach mehr als fünf Jahrzehnten intensiver Nutzung sind umfassende Arbeiten erforderlich, um die Gebäudestruktur zu sichern, den Energieverbrauch deutlich zu senken und eine zeitgemäße, barrierefreie Nutzung zu ermöglichen. Mit der denkmalgerechten Sanierung will die Stadt die architektonische Qualität des Rathauses bewahren und gleichzeitig moderne, nachhaltige und funktionale Arbeitsbedingungen für die Verwaltung sowie die Bürgerinnen und Bürger schaffen.
Der Besuch von Broekbakema stellt für die Stadt eine besondere Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft dar – ein Zeichen lebendiger Architekturgeschichte. Die Stadt Marl rechnet aktuell mit einer baulichen Fertigstellung im Herbst 2027 für die beiden Türme und das Zentralgebäude. Der Sitzungstrakt kann voraussichtlich erst im Jahr danach abgeschlossen werden.
Daten und Fakten zur Sanierung, News von der Baustelle sowie Blicke in die Vergangenheit und Zukunft des Marler Rathauses gibt es im Internet unter https://www.rathaus-marl.de/