Skulpturenmuseum lädt zum Bunker ein

Kunstinteressierte aufgepasst: Das Skulpturenmuseum der Stadt Marl lädt am Samstag, 6. August, zusammen mit der jungen Medienkünstlerin Anne Arndt zu einer Instandhaltungsperformance ein. Die Künstlerin befreit um 14 Uhr einen der vergessenen Bunker in der Rappaportstraße 45 vom Schmutz der letzten Jahre und macht das vermeintlich Unsichtbare sichtbar: ungewöhnliche Formen, harter Beton und eine allgemeine Unzugänglichkeit. Aber auch tags zuvor gibt es einige Programmpunkte.

20 eiförmige Betonbunker

Bereits seit Anfang des Jahres setzt sich Anne Arndt im Rahmen des Projektes „Stadtbesetzung des Kultursekretariats NRW“ intensiv mit der Stadtgeschichte auseinander, untersucht Straßenzüge und sammelt Geschichten der Marler Bevölkerung. Hierbei stieß die gebürtig aus Schwerin stammende Künstlerin auf mehr als 20 eiförmige Betonbunker im innerstädtischen Bereich. Die sogenannten Marler „Eier“ boten während des zweiten Weltkrieges Zuflucht für jeweils bis zu zehn Personen, die um das ehemalige Zechengelände sowie dem heutigen Chemiepark Marl wohnten. Bereits seit 2017 arbeitet Anne Arndt an dem Projekt „One Man Bunker“ und spürt hierfür vor allem kleinere Schutzzellen aus Kriegszeiten auf, welche auf Grund der begrenzten räumlichen Kapazität stets auch auf eine gesellschaftliche Selektion verweisen. In Marl haben sich all jene Bauten in den alltäglichen Blick integriert und gehören – bewusst oder unbewusst – zum allgemeinen Stadtbild dazu.

Verhältnis von Körper, Architektur und reproduktiver Arbeit

Nun holt Anne Arndt mit ihrer Instandhaltungsperformance die Splitterschutzzellen zurück ins Gedächtnis und lädt zu einer kollektiven Erfahrung zwischen Gegenwart und Vergangenheit ein. Mit der Instandhaltungsperformance hinterfragt Anne Arndt historische Gegenmodelle zu neuen Konzepten des städtischen Zusammenlebens wie der aktuell diskutierten Caring City und verhandelt in ihrer Performance das Verhältnis von Körper, Architektur und reproduktiver Arbeit. Interessierte sind herzlich eingeladen, das Geschehen zu dokumentieren und damit Teil eines offenen Diskurses zu werden.

Agustina Andreoletti betreut das Begleitprogramm

Gemeinsam mit der Kunsthistorikerin Agustina Andreoletti und Georg Elben wird Arndt ihre Arbeitsweise bereits am 5. August ab 18 Uhr vorstellen, Probleme und Entdeckungen ihres Marler Aufenthalts besprechen und das Potenzial von künstlerischen Interventionen im Stadtraum diskutieren. Agustina Andreoletti betreut das Begleitprogramm und Outreach am Rautenstrauch-Joest-Museum in Köln. Hier leitet sie ebenfalls das Leaky Archive, ein digitales Projekt, das zur Demokratisierung der Museumssammlung beisteuern soll. . In einem kurzen Screening wird auch die Diplomarbeit von Anne Arndt „Walking through a mnemonic landscape“ zu sehen sein, das Arndts Auseinandersetzung mit ehemaligen Splitterschutzzellen bereits vorstellt. Nach der Hitze lädt das Skulpturenmuseum bei Wein und Brezel zu einem gemütlichen und kulturreichen Freitagabend ein.

Marlerinnen und Marler können aktiv dabei sein

Am 6. August wird Anne Arndt also in Marl öffentlich arbeiten. Von einem Kamerateam begleitet, wird sie ab 14 Uhr einen der sogenannten Marler Eier in der Rappaportstraße 45 von den Spuren der Zeit befreien. Das Besondere an ihrer Performance ist, dass Mitschnitte des Publikums von der Aktion direkt in die hierbei entstehende Videoarbeit einfließen können. Die Stadtbevölkerung ist gefragt, selbst aktiv zu Zeuginnen und Zeugen zu werden und das Geschehene zu dokumentieren, zu kommentieren und zu begutachten. Wer mag, kann gerne vorbeikommen das Smartphone oder ein Aufnahmegerät mitbringen und Teil einer neuen, in Marl entstehenden Videoarbeit von Anne Arndt werden.

Über die Künstlerin

Anne Arndt studierte Mediale Künste an der Kunsthochschule für Medien in Köln und Artistic Research an der Koninklijke Academie van Beeldende Kunsten in Den Haag. 2021 erhielt sie für ihre Arbeit „Die DDR hat’s nie gegeben“ den KHM-Förderpreis für Künstlerinnen. In ihren raumbasierten Installationen beschäftigt sich Anne Arndt mit grundlegenden Fragen zu Identität, Erinnerungskultur und gesellschaftlichen Machtstrukturen. Ihren Arbeiten liegen ausführliche Feldstudien, Interviews und Archivarbeit zu Grunde und schaffen Räume für Diskurs und Austausch. Anne Arndt lebt und arbeitet in Den Haag und Köln.

annearndt.de

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Foto: Anne Arndt