"Wo andere an der Oberfläche kratzen, zielen sie auf den tieferen Erkenntnisgewinn. Anstatt die gängige Medien-PR-Sprache zu duplizieren, suchen sie die eigentliche Nachricht hinter der Selbstdarstellung", lobt die Jury in ihrer Begründung. Auch die Tatsache, dass das Programm nach 18 Jahren immer noch von großer Offenheit und Neugier allen Themen gegenüber geprägt sei, spreche für die Qualität der Redaktion.
"Oase des Wortes in einer Wüste der Worthülsen"
Andreas Stopp, Brigitte Baetz, Bettina Köster und Bettina Schmieding seien zusammen mit ihren Kollegen eine "Oase des Wortes in einer Wüste der Worthülsen", so Laudator Manfred Erdenberger, der selbst lange Jahre als Hörfunkjournalist beim WDR gearbeitet hat. Überhaupt: "Das Gesamtprogramm des Senders ist eine sprudelnde Quelle der Kompetenz, dessen Stimme selbst bei kritischen Geistern bundesweit hörbar ist."
Andreas Stopp, der stellvertretend für die Medienredaktion sprach, freute sich besonders über die Auszeichnung, weil Medienjournalisten eher selten geehrt würden. "Ein bisschen ist es bei einer Mediensendung wie bei David gegen Goliath", so Stopp. Die Sendung "Markt und Medien" habe neben einen gewollten "Chronisteneffekt" die Aufgabe, die richtigen Fragen zu stellen und auf Antworten zu bestehen. Er und seine Kolleginnen Baetz, Köster und Schmieding teilten besonders eine Eigenschaft: "Wir sind alle Fanatiker des Live. Wir würden nie einen Beitrag vorab aufzeichnen."
Besondere Ehrung für Jakob Augstein
Der Verleger und Journalist Jakob Augstein ("der Freitag") erhielt eine Besondere Ehrung der Jury. Er habe Pioniergeist bewiesen "und wurde in der publizistischen Landschaft Deutschlands zu einem Medien-Architekt, indem er ein neues Blatt entwarf, ein 'Meinungsmedium', das Printausgabe und Online-Aktivität, Medienmacher und Mediennutzer auf intensive Weise fordernder als woanders üblich miteinander verbindet und in Dialog bringt." Darüber hinaus könne sich Augstein in jedem Medium sicher bewegen. "Er ist ein Mann mit Eigenschaften, der etwas zu sagen hat und mit Charakter vertritt."
In seiner Laudatio beschrieb der Chef des Feuilletons der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Patrick Bahners, Augsteins Engagement: "Eine Insel des Irrsinns wird umspült von einem Meer der Vernunft. Alles, was nicht Feuilleton ist in der Zeitung, wird heute umstrukturiert nach den Maßgaben einer Mikromarktforschung, die die Reaktionen von Lesern auf Textlängen, Überschriften, Bildgrößen und Satzfetzen misst. Und auch im Feuilleton wird die Landmasse des Irrsinns längst Quadratzentimeter für Quadratzentimeter zurückgedrängt." Jakob Augstein habe das Irrationale an dieser Rationalisierung immer wieder benannt. Sein Engagement stehe für eine besonders ehrenwerte, höchst seltene Spielart der Medienpublizistik, die realistisch und passioniert zugleich ist.
Herausforderungen des Journalismus
Augstein selbst, der per Videokonferenz zugeschaltet war, sprach in seiner Replik von den Herausforderungen, die der Journalismus heute vor sich habe: "Die Branche ist nicht zimperlich. Das ist vielleicht die Kehrseite des Netzes und damit auch der Freiheit." Der Verleger erinnerte auch an den aktuellen Streit um die Tagesschau-App. "Die Freiheit ist von den Medien bedroht und nicht von der Politik. Eine App wie die der Tagesschau erfüllt doch den Grundversorgungsauftrag im besten Sinne." Augstein forderte im Hinblick auf den Streit zwischen Springer-Verlag und den Öffentlich-Rechtlichen, dass es ein duales System im Netz geben müssen. "Alle mit allen", lautet sein Motto.In einer anschließenden Debatte zum Thema "Nichts als eine Leerstelle? Euro-Themen und die europäische Öffentlichkeit" diskutierten Manfred Erdenberger, Patrick Bahners und Andreas Stopp zusammen mit Grimme-Direktor Uwe Kamman über die Wahrnehmung und Rolle von Europa in den Medien. Patrick Bahners mahnte, dass sich alle einmal Gedanken zu Europa machen müssten: "Wir können nicht immer nur die Intellektuellen anrufen, um die Weltlage zu erklären. Das ist der Diskussionsstand von post-1989." Andreas Stopp glaubt, dass es kaum wechselweises Interesse am Kennenlernen der Lebensumstände gäbe. Überhaupt: "Die große Idee Europa ist nicht umgesetzt worden." Er sei auch ein wenig skeptisch, ob die Medien genug tun, um Europa verständlicher zu machen. Manfred Erdenberger wies darauf hin, dass Europa viel mehr sei als der Euro: "Wir sind eine Wertegemeinschaft und haben eine Friedenstradition. Wir dürfen uns nicht immer nur auf die gemeinsame Währung konzentrieren."
Der Bert-Donnepp-Preis wird seit 1991 vom Verein der Freunde des Adolf-Grimme-Preises e.V. traditionell im Rahmen des Bergfestes zur Halbzeit der Jurywoche im Grimme-Institut verliehen.
Die Begründungen der Jury sowie die Laudatio von Manfred Erdenberger lesen Sie im Internet unter www.grimme-institut.de.